Digitaler Wandel in Unternehmen

Die digitale Welt stellt Unternehmen zweifelsfrei vor große Herausforderungen: neue interne Kommunikationswege müssen gefunden werden und Kunden müssen auf den unterschiedlichsten Kontaktpunkten erreicht werden. Dazu müssen Unternehmen auch ihre Organisation und Strukturen auf einen Wandel einstellen.

Ich habe Volker Grünauer zum digitalen Wandel in Unternehmen und den damit verbundenen Herausforderungen befragt. Als Begründer des Advatera-Netzwerks bringt Volker Digital- und Kommunikationsverantwortliche aus Unternehmen im deutschsprachigen Raum für den Wissensaustausch zusammen und weiß damit aus erster Hand, wie die digitale Realität in den Unternehmen aussieht.

Status Quo

Pauschal könne man nicht von „dem“ digitalen Wandel sprechen, die Ausgangssituation gestaltet sich je nach Branche und „Reifegrad“ des Unternehmens sehr unterschiedlich. Ein klassisches B2B-Unternehmen (ohne digitalisierte Produkte) und ein Telekommunikationsunternehmen, mit ausschließlich digitalen Produkten und Services, unterscheiden sich stark in ihrer Ausgangslage.

„Es gibt Unternehmen, die in die Digitalisierung noch nicht viel Energie investiert haben. Bei fast jedem Unternehmen ist jedoch das Bewusstsein bereits vorhanden, dass sie sich verändern müssen.“ (Volker Grünauer)

In digitalen Projekten in Unternehmen gehe es oft um die Personen, betont Volker. Dabei mache es einen Unterschied, ob es sich um eine „Bottom-Up“ Initiative handle oder die Initiative von der Geschäftsführung ausgeht und dem Projekt entsprechende Bedeutung beigemessen wird. Allerdings fehlt es noch an Durchgängigkeit im gesamten Unternehmen, vielmehr sind in Unternehmen Insellösungen entstanden.

„In vielen Unternehmen haben sich digitale Insellösungen entwickelt.“ (Volker Grünauer)

„Change Managment“ als größte Herausforderung

Ein digitaler Wandel bedeutet, dass Prozesse in Unternehmen geändert werden müssen und bestehende Strukturen aufgebrochen werden. Zu meiner Frage nach den Herausforderungen für Unternehmen antwortet Volker :

„Unternehmen unterliegen einem Wandel, der sowohl organisatorische als auch prozessmäßige Herausforderungen mit sich bringt. Viele Unternehmen müssen den organisatorischen Wandel noch meistern.“

Kompetenzen

Um den digitalen Wandel in Unternehmen voranzutreiben sind für Volker drei Digital-Leadership-Kompetenzen erforderlich:

  1. Wissen: Personen (vorzugsweise im Unternehmen), die Wissen im Digital-Bereich mitbringen, sich mit dem Thema im Detail auseinandersetzen, sich mit Trends beschäftigen und ihr Wissen ins Unternehmen einbringen und Möglichkeiten aufzeigen.
  2. Erfahrung: Wichtig ist Erfahrung im digitalen Umfeld und im Markt, da Projekte meist komplex sind.
  3. Passion: Mitarbeiter, die hinter dem Thema stehen und motivierend im Unternehmen wirken. Jeder Wandel braucht Motivatoren und Überzeugung.

Neben den 3 Leadership-Kompetenzen ist für Volker Grünauer auch die Zusammenstellung des Teams wichtig, um den organisatorischen Wandel voranzutreiben. Es spielt eine bedeutende Rolle, wo das Team angesiedelt ist, damit es im Unternehmen mit entsprechenden Kompetenzen ausgestattet ist („Bottom-Up“-Veränderung ist schwierig). Dabei verweist er auf die Einrichtung von Stabstellen zur Geschäftsleitung, eine Entwicklung, die derzeit in mehreren Unternehmen zu beobachten ist – zum Beispiel in der Rolle des „Head of Digital“, die direkt an die Geschäftsleitung berichten.


Digitaler Wandel + Content = Chaos.

Zur Frage nach der Bedeutung von Content in Unternehmen, sagt Volker Grünauer:

„Der Umgang mit Inhalten in Unternehmen ist chaotisch. Jeder erzeugt heute Inhalte in verschiedensten Systemen und Kanälen. Viele Inhalte liegen in Laufwerken in Word-Dokumenten, Excel-Dateien, usw.“ 

Die Herausforderung sieht er darin, die Vielfalt an Inhalten – sowohl interne Inhalte, als auch externe (kuratierte) Inhalte im Unternehmen besser auffindbar und nutzbar zu machen. Dazu können Intranets, Content Repositories, Datenbanken, Enterprise Search und interne Videoplattformen, aber auch die Nutzung von Metadaten beitragen. In Bezug auf den strategischen Umgang mit Inhalten sieht Volker Systemhürden in aktuellen Content Management Systemen, die einen geschlossenen Ansatz verfolgen und so Inhalte in eigenen Datenbanksystemen einschließen, wodurch sie für andere Systeme nicht einfach nutzbar sind.

„Ein zentrales System gibt es nicht, Content muss auffindbar sein und nutzbar gemacht werden.“ (Volker Grünauer)

Content-Strategie als „Kanalstrategie“

Zur Frage nach der Erfordernis bzw. die Situation der Content-Strategie in Unternehmen antwortet Volker, dass er kaum ein Unternehmen kenne, das eine dokumentierte integrierte Gesamt-Strategie bin Bezug auf Content hat. Vielmehr beobachte er in der Praxis im Unternehmen oft mehrere Content-Strategien – vor allem in 3 Bereichen:

  • in der internen Kommunikation (Intranet-Strategie),
  • im Bereich Corporate Communication (Kommunikations-Strategie) und
  • im Marketing (Kanal-Strategie)

Content-Strategie wird in den Unternehmen aktuell eher als „Kanalstrategie“ verstanden. Es gibt jedoch interessante Newsroom-Konzepte, die das Problem des „Kanaldenkens“ adressieren und stattdessen einen strategischen Umgang mit Inhalten und abteilungsübergreifende Zusammenarbeit fördern sollen. Auch die Entwicklung von Content Repositories deutet auf eine Veränderung der Einstellung in Bezug auf Inhalte hin.

Content-Trends in Unternehmen

Volker Grünauer nennt drei wichtige Trends, die er in Unternehmen in Bezug auf Inhalte beobachtet:

  • Schaffung von Content-Repositories für die zentrale Bereitstellung von Inhalten für verschiedenste Anwendungen.
  • Newsroom-Konzepte: vom Kanaldenken hin zum Themendenken, um abteilungsübergreifende Zusammenarbeit zu fördern.
  • „Video“ gewinnt als vielseitige Content-Art weiter an Bedeutung und bietet den Unternehmen zahlreiche Einsatzmöglichkeiten (sowohl für interne, als auch für externe Kommunikation).

Volker GrünauerÜber den Interviewpartner

Volker Grünauer ist Begründer von “Advatera” – dem Netzwerk für den Wissensaustausch von Digital-, Kommunikations- und  Marketing-Verantwortlichen in Unternehmen. Zuvor war Volker mehrere Jahre in einer Agentur tätig und anschließend bei Wienerberger für die Digital-Bereich verantwortlich.

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